Hi Peter,
"Übergangswiderstand ... Lot zum Schmelzen bringen": das kenne ich genau anders herum: die Pressverbindung hat auf Dauer einen höheren Übergangswiderstand und wird heißer. Erst recht, wenn schlecht gepresst wurde.
Grund: beim Pressen leitet nur eine Linie am Einzeladerumfang den Strom zum Kabelschuh ab, beim Pressen und danach Löten gibt es diese "Stromübergangsmöglichkeiten" natürlich auch, aber zusätzlich werden alle Zwischenräume mit leitendem Material gefüllt. Macht geringeren Übergangswiderstand vom Kabel zum Schuh. Und das auf Dauer! Da wird dann auch nichts heiß und entlötet sich von selbst. Es kommt auch so gut wie keine Feuchtigkeit rein.
Im Gegensatz zum "nur Pressen": Es ist nämlich eine idealisierte Darstellung, daß dort keine Veränderung der Materialoberflächen stattfindet. Beim schlechten Pressen etwas mehr, beim guten (mit sehr hohem Druck) etwas weniger, kommt Luftfeuchtigkeit in die Kontaktlinie zwischen Einzelader und Kabelschuh. Mindestens das blanke Kupfer der Einzeladern korrodiert immer mehr und läuft schwarz an, je nach Oxidationsstufe auch grün. Wenn das erst einmal begonnen hat, geht die Erhöhung des Übergangswiderstands (= Verringerung der "tragfähigen" Kontaktpunkte) immer weiter, zu merken an der starken Erwärmung bei entsprechender Stromstärke.
Es ist ja nicht so, daß die Industrie presst, weil sie das für die bessere Verbindung hält, sondern weil es
a) billiger
b) schneller
c) weniger aufwändig und
d) besser automatisierbar usw
ist. Unter d) fällt auch, daß man das Pressen jedem Hiwi übertragen kann, während eine gute Lötverbindung an einem 25qmm Kabelschuh einiger Löterfahrung bedarf. Damit zB eben NICHT das Lötzinn das halbe Auge bedeckt und beim Anziehen dann ein "wegfließendes" Material eine tickende Zeitbombe darstellt, was die zukünftige Anpresskraft dieser Verbindung angeht. Außerdem passiert es ungeübten Brachiallötern natürlich schneller, daß das Zinn nicht richtig in den Schuh reinfließt, sondern sich, wie vorher schon beschrieben, stattdessen weit in das Kabel hochzieht, wo es dann zum Bruch führen kann. Das passiert aber nicht, wenn der Lötrand bis zu 2..3mm vom Kabelschuhende aufhört und das abgehende Kabel vom einrm guten Schrumpfschlauch gestützt wird. Natürlich darf auch kein "Lötwasser", Lötfett oder sonstiges saures Flußmittel verwendet werden, sondern nürnb das in Elektroniklötzinn enthaltene SW32 oder besser.
Achtet mal drauf: bei den Kabelbäumen günstiger Autos sind die dicken Massekabelschuhe einfach nur gepresst. Bei Mercedes (jedenfalls bei denen die ich kenne), verpresst und nachträglich verlötet! Die scheinen da auch mehr Angst vor der Mängelstatistik der 6-8 jährigen Fahrzeuge zu haben, als davor, daß irgendwann mal ein gelötetes Massekabel brechen könnte. (Denn Massefehler sind üble Fehler. ...)
Und klar, eine 160qmm Quetschverbindung im Mittelspannungsbereich lötet keiner mehr nach, weil es praktisch nicht mehr geht. Deshalb würde ich das Löten bei über 50qmm auch in kein Lehrbuch reinschreiben, sondern nur nich, daß die Quetschstelle eben so gut wie möglich vor Feuchtigkeit geschützt werden muß, zB mit fett- oder gelartigen Füllmitteln.
Einen hab ich noch: schneidet mal eine 60 Jahre alte Kfz- Litze längs auf. Die Einzeladern drin sind immer schwarz. Nicht so jedoch an einer Lötstelle, die ist immer noch intakt. Wenn nun einer meint "schön, Lot noch da, aber Kabel dahinter ab", dann lag das entweder am damals leider oft verwendeten Lötfett, oder aber an einer ungenügenden Schwingungsentlastung.
Die nur gepressten Kabelschuhe aus der Zeit kann man aber ALLE in die Tonne treten. Kein unverlöteter 60 Jahre alter Kabelschuh am Anlasser hat weniger als 1V Spannungsabfall, wenn da die 100A drübergehen.
Von den roten, blauen und gelben Quetschverbindern aus dem Zubehörhandel reden wir besser gar nicht. Unverlötet ist das der letzte Schund und wirklich nur dort anwendbar, wo es nicht so drauf ankommt. Das gilt erst recht, wenn die Litze zu klein für den Schuh ist oder keine 1A Zange verwendet wird.
Viele Grüße, Lars