Geschätzte Forumsteilnehmer,
mein Arbeitgeber, ein innovativer Energieversorger in Westösterreich, hat im Anfang letzten Jahres interessierten Mitarbeitern die Möglichkeit angeboten, zu attraktiven Konditionen für fünf Jahre ein Elektroauto (Mitsubishi i-MiEV, Citroen C Zero oder Peugeot iOn) zu leasen. Etwa einhundert Mitarbeiter haben das Angebot angenommen.
Im Folgenden ein subjektiver Bericht über ein Jahr praktischen Elektroautoeinsatz im Privatbereich.
+ Antrieb
Im Prinzip ist der Elektromotor das ideale Antriebsaggregat für ein KFZ:
- absolut leise (ab ca. 50 km/h sind Wind- und Abrollgeräusche dominant).
- hohes Drehmoment (zumindest im unteren Geschwindigkeitsbereich
- hoher Wirkungsgrad
- wartungsarm
- braucht kein Schaltgetriebe
+ Zuverlässigkeit
Über die Standzeit des Li-Akkus kann man nach einem Jahr noch keine abschließende Aussage treffen, das Fahrzeug insgesamt macht einen ausgereiften Eindruck und hat im abgelaufenen Jahr zu keiner Zeit Problem verursacht.
- Platzangebot
Auch wenn ich die meiste Zeit allein unterwegs bin, gibt es Situationen in denen ein größeres Auto praktisch wäre. Da sich der Normalverbraucher keinen Fuhrpark leistet, aus dem er situa-tionsbezogen das bestgeignete Fahrzeug auswählen kann, kauft er in den meisten Fällen ein etwas größeres Autos, dass dann im 90 % der Fälle überdimensioniert ist. Dass man ein Leihauto nimmt, wenn man ein größeres Brett vom Baumarkt nach Hause zu transportieren hat, ist unrealistisch.
- Reichweite
Die Werksangabe lautet „bis 150 km“. Tatsächlich erreicht man in diesen Wert, wenn die Randbedingungen optimal sind: Frühling/Herbst (keine Heizung, keine Klimaanlage), ebenes Gelände, sparsame Fahrweise (nur den halben ECO-Bereich ausnützen), sanft beschleunigen, höchstens 80 km/h auf der Autobahn). Im worst case (Winter, Heizung, nicht nur ebenes Gelände) kann die Reichweite in den Bereich von 50 km schrumpfen. Damit sind Fahrten über längere Strecken (z.B. eine Urlaubsreise nach Italien) illusorisch. Wer mag, kann Im Forum nachlesen, mit welcher logistischen Vorarbeit schon eine Reise über einige 100 km verbunden ist (Herbert Hämmerle).
- Lademöglichkeiten
In der Regel wird ein Elektroauto zu Hause oder am Arbeitsplatz aufgeladen, wobei Bewohner von Mehrfamilienhäusern das Problem haben, dass am Tiefgaragenplatz zumeist keine Steckdose zur Verfügung steht. Es ist relativ sinnlos, z. B. beim Einkaufen das Auto an die Ladesäule vor dem Supermarkt anzustecken, da in einer halben Stunde bei 3 kW Ladeleistung gerade einmal 1,5 kWh geladen werden, was im besten Fall einem Reichweitenzuwachs von 15 km entspricht. Die „normalen“ Ladesäulen haben daher eher psychologischen Wert. Auch die CHAdeMO-Ladestationen lösen das Problem nicht, da sie nur bis 80% der Batteriekapazität schnellladen können. Zudem sollte man genau dann die Schnelladestation erreichen, wenn der Akku fast leer ist. Ein System wie beim Tanken von konventionellen Autos, bei dem man ausgehend von einem beliebigen Füllstand des Tanks innerhalb von Minuten volltanken kann gibt es bei Elektroautos nicht. Das System von Better Place mit austauschbaren Akkus wird daran scheitern, dass sich die Hersteller niemals auf einen Einheitsakku einigen werden. Es nicht einmal möglich, dass sich die Anbieter von Ladeinfrastruktur auf einen gemeinsamen Ladestecker und ein gemeinsames Zutrittssystem zu den Ladesäulen einigen.
- Komfort
Im heurigen Winter, war es 14 Tage fast durchgehend –10 Grad kalt. In dieser Situation stellt man als Elektroautofahrer fest, dass der schlechte Wirkungsgrad des Verbrennungsmotors auch sein Gutes hat, mit dessen Abwärme kann man bequem und in kurzer Zeit den Fahrzeuginnenraum auf angenehme Temperaturen bringen. Persönlich habe ich kein Problem mit einem kalten Innenraum (solange die Scheiben frei sind), da man im Winter ohnehin warm bekleidet unterwegs ist.
Vermisst habe ich eine Lenkradheizung; ohne Handschuhe war das Fahren fast unerträglich. Vom Kauf beheizbarer (Motorrad-) Handschuhe hat mich nur der Umstand abgehalten, dass die Tage mit extremer Kälte in unseren Breitengraden abzählbar sind.
An den (ebenfalls abzählbaren) heißen Sommertagen würde man sich eine leistungsfähigere Klimaanlage wünschen.
- Anschaffungspreis
Den Listepreis von ca. 35 TEUR ist für den Normalverdiener jenseits von Gut und Böse. Um diesen Preis erhält man schon ein gut ausgestattetes „richtiges" Auto etwa einen Audi A4. Ein i-MiEV dürfte maximal ca. 10 TEUR kosten, damit er mit einem vergleichbaren konventionellen Kleinauto konkurrieren könnte.
+ Verbrauchskosten
Bei sehr sparsamer Fahrweise kommt man mit ca. 10 kWh/100 km über die Runden. Mit dem Nachtstromtarif meines Stromlieferanten von ca. 12 ct/kWh (Grenzkosten Netz + Energie incl. aller Abgaben und Steuern) kommt man auf Verbrauchskosten, die unter denen von einem Liter Benzin/Diesel liegen. Bei einem realistischen mittleren Verbrauch von ca. 20 kWh/100km und Stromkosten von 20 ct/kWh entspricht der Verbrauch den Kosten von ca. 4 l Benzin/Diesel, das ist ein Wert den sparsame Autos mit Verbrennungsmotor näherungsweise auch erreichen, d.h. in der Praxis ist der Vorteil in den Verbrauchskosten zu denen eines konventionellen Autos nicht erheblich und deckt niemals die etwa dreifach höheren Anschaffungskosten.
Fazit aus meiner Sicht:
Elektroautos wie der i-MiEV sind für den Massenmarkt untauglich, sie sind nur geeignet als interessantes Zweitfahrzeug für technikbegeisterte oder grün angehauchte Besserverdiener. Mit dieser Zielgruppe ist aber im Autogeschäft, wo vorwiegend mit Modellen, die im 6 bis 7-stelligenStückzahlen produziert werden Gewinn gemacht wird, kein Blumentopf zu gewinnen. Ich bin überzeugt, dass alle Hersteller, die sich derzeit stark im Elektroautosektor engagieren, Verluste einfahren werden (es sei denn, in der Batterieentwicklung ereignet sich bahnbrechendes, d. h. Kapazität pro Volumen bzw. Gewichtseinheit verbessert sich um einen Faktor 10 und die Kosten sinken um einen Faktor 10 – Wunder dauern aber bekanntlich etwas länger).
Das Ziel von 2 Mio. Elektroautos in Deutschland bis 2020 ist aus meiner Sicht absolut illusorisch (2011 sind gerade 100 Elektroautos an Privatkunden verkauft worden). Einen wesentlichen Beitrag von Elektroautos zu einer umweltschonenden Mobilität sehe ich nicht.
Ich teile die Ansicht von Experten aus der klassischen KFZ-Entwicklung, die Elektroautos primär als Katalysator für die Weiterentwicklung der Verbrennungsmotortechnik sehen. Ein 2-Literauto ist mit Optimierung der bestehenden Konzepte (z.B. Zylinderabschaltung) durchaus realistisch. Hybridantriebe (z.B. Prius, Ampera) haben wie reine Elektroautos ein unbefriedigendes Preis/Leistungsverhältnis.
Ich bereue die Entscheidung für den i-MiEV nicht, werde aber aus heutiger Sicht nach Ablauf der Leasingdauer wieder ein „normales“ Auto fahren wollen.
Schöne Grüße
Werner11
Ich freue mich über Kommentare
mein Arbeitgeber, ein innovativer Energieversorger in Westösterreich, hat im Anfang letzten Jahres interessierten Mitarbeitern die Möglichkeit angeboten, zu attraktiven Konditionen für fünf Jahre ein Elektroauto (Mitsubishi i-MiEV, Citroen C Zero oder Peugeot iOn) zu leasen. Etwa einhundert Mitarbeiter haben das Angebot angenommen.
Im Folgenden ein subjektiver Bericht über ein Jahr praktischen Elektroautoeinsatz im Privatbereich.
+ Antrieb
Im Prinzip ist der Elektromotor das ideale Antriebsaggregat für ein KFZ:
- absolut leise (ab ca. 50 km/h sind Wind- und Abrollgeräusche dominant).
- hohes Drehmoment (zumindest im unteren Geschwindigkeitsbereich
- hoher Wirkungsgrad
- wartungsarm
- braucht kein Schaltgetriebe
+ Zuverlässigkeit
Über die Standzeit des Li-Akkus kann man nach einem Jahr noch keine abschließende Aussage treffen, das Fahrzeug insgesamt macht einen ausgereiften Eindruck und hat im abgelaufenen Jahr zu keiner Zeit Problem verursacht.
- Platzangebot
Auch wenn ich die meiste Zeit allein unterwegs bin, gibt es Situationen in denen ein größeres Auto praktisch wäre. Da sich der Normalverbraucher keinen Fuhrpark leistet, aus dem er situa-tionsbezogen das bestgeignete Fahrzeug auswählen kann, kauft er in den meisten Fällen ein etwas größeres Autos, dass dann im 90 % der Fälle überdimensioniert ist. Dass man ein Leihauto nimmt, wenn man ein größeres Brett vom Baumarkt nach Hause zu transportieren hat, ist unrealistisch.
- Reichweite
Die Werksangabe lautet „bis 150 km“. Tatsächlich erreicht man in diesen Wert, wenn die Randbedingungen optimal sind: Frühling/Herbst (keine Heizung, keine Klimaanlage), ebenes Gelände, sparsame Fahrweise (nur den halben ECO-Bereich ausnützen), sanft beschleunigen, höchstens 80 km/h auf der Autobahn). Im worst case (Winter, Heizung, nicht nur ebenes Gelände) kann die Reichweite in den Bereich von 50 km schrumpfen. Damit sind Fahrten über längere Strecken (z.B. eine Urlaubsreise nach Italien) illusorisch. Wer mag, kann Im Forum nachlesen, mit welcher logistischen Vorarbeit schon eine Reise über einige 100 km verbunden ist (Herbert Hämmerle).
- Lademöglichkeiten
In der Regel wird ein Elektroauto zu Hause oder am Arbeitsplatz aufgeladen, wobei Bewohner von Mehrfamilienhäusern das Problem haben, dass am Tiefgaragenplatz zumeist keine Steckdose zur Verfügung steht. Es ist relativ sinnlos, z. B. beim Einkaufen das Auto an die Ladesäule vor dem Supermarkt anzustecken, da in einer halben Stunde bei 3 kW Ladeleistung gerade einmal 1,5 kWh geladen werden, was im besten Fall einem Reichweitenzuwachs von 15 km entspricht. Die „normalen“ Ladesäulen haben daher eher psychologischen Wert. Auch die CHAdeMO-Ladestationen lösen das Problem nicht, da sie nur bis 80% der Batteriekapazität schnellladen können. Zudem sollte man genau dann die Schnelladestation erreichen, wenn der Akku fast leer ist. Ein System wie beim Tanken von konventionellen Autos, bei dem man ausgehend von einem beliebigen Füllstand des Tanks innerhalb von Minuten volltanken kann gibt es bei Elektroautos nicht. Das System von Better Place mit austauschbaren Akkus wird daran scheitern, dass sich die Hersteller niemals auf einen Einheitsakku einigen werden. Es nicht einmal möglich, dass sich die Anbieter von Ladeinfrastruktur auf einen gemeinsamen Ladestecker und ein gemeinsames Zutrittssystem zu den Ladesäulen einigen.
- Komfort
Im heurigen Winter, war es 14 Tage fast durchgehend –10 Grad kalt. In dieser Situation stellt man als Elektroautofahrer fest, dass der schlechte Wirkungsgrad des Verbrennungsmotors auch sein Gutes hat, mit dessen Abwärme kann man bequem und in kurzer Zeit den Fahrzeuginnenraum auf angenehme Temperaturen bringen. Persönlich habe ich kein Problem mit einem kalten Innenraum (solange die Scheiben frei sind), da man im Winter ohnehin warm bekleidet unterwegs ist.
Vermisst habe ich eine Lenkradheizung; ohne Handschuhe war das Fahren fast unerträglich. Vom Kauf beheizbarer (Motorrad-) Handschuhe hat mich nur der Umstand abgehalten, dass die Tage mit extremer Kälte in unseren Breitengraden abzählbar sind.
An den (ebenfalls abzählbaren) heißen Sommertagen würde man sich eine leistungsfähigere Klimaanlage wünschen.
- Anschaffungspreis
Den Listepreis von ca. 35 TEUR ist für den Normalverdiener jenseits von Gut und Böse. Um diesen Preis erhält man schon ein gut ausgestattetes „richtiges" Auto etwa einen Audi A4. Ein i-MiEV dürfte maximal ca. 10 TEUR kosten, damit er mit einem vergleichbaren konventionellen Kleinauto konkurrieren könnte.
+ Verbrauchskosten
Bei sehr sparsamer Fahrweise kommt man mit ca. 10 kWh/100 km über die Runden. Mit dem Nachtstromtarif meines Stromlieferanten von ca. 12 ct/kWh (Grenzkosten Netz + Energie incl. aller Abgaben und Steuern) kommt man auf Verbrauchskosten, die unter denen von einem Liter Benzin/Diesel liegen. Bei einem realistischen mittleren Verbrauch von ca. 20 kWh/100km und Stromkosten von 20 ct/kWh entspricht der Verbrauch den Kosten von ca. 4 l Benzin/Diesel, das ist ein Wert den sparsame Autos mit Verbrennungsmotor näherungsweise auch erreichen, d.h. in der Praxis ist der Vorteil in den Verbrauchskosten zu denen eines konventionellen Autos nicht erheblich und deckt niemals die etwa dreifach höheren Anschaffungskosten.
Fazit aus meiner Sicht:
Elektroautos wie der i-MiEV sind für den Massenmarkt untauglich, sie sind nur geeignet als interessantes Zweitfahrzeug für technikbegeisterte oder grün angehauchte Besserverdiener. Mit dieser Zielgruppe ist aber im Autogeschäft, wo vorwiegend mit Modellen, die im 6 bis 7-stelligenStückzahlen produziert werden Gewinn gemacht wird, kein Blumentopf zu gewinnen. Ich bin überzeugt, dass alle Hersteller, die sich derzeit stark im Elektroautosektor engagieren, Verluste einfahren werden (es sei denn, in der Batterieentwicklung ereignet sich bahnbrechendes, d. h. Kapazität pro Volumen bzw. Gewichtseinheit verbessert sich um einen Faktor 10 und die Kosten sinken um einen Faktor 10 – Wunder dauern aber bekanntlich etwas länger).
Das Ziel von 2 Mio. Elektroautos in Deutschland bis 2020 ist aus meiner Sicht absolut illusorisch (2011 sind gerade 100 Elektroautos an Privatkunden verkauft worden). Einen wesentlichen Beitrag von Elektroautos zu einer umweltschonenden Mobilität sehe ich nicht.
Ich teile die Ansicht von Experten aus der klassischen KFZ-Entwicklung, die Elektroautos primär als Katalysator für die Weiterentwicklung der Verbrennungsmotortechnik sehen. Ein 2-Literauto ist mit Optimierung der bestehenden Konzepte (z.B. Zylinderabschaltung) durchaus realistisch. Hybridantriebe (z.B. Prius, Ampera) haben wie reine Elektroautos ein unbefriedigendes Preis/Leistungsverhältnis.
Ich bereue die Entscheidung für den i-MiEV nicht, werde aber aus heutiger Sicht nach Ablauf der Leasingdauer wieder ein „normales“ Auto fahren wollen.
Schöne Grüße
Werner11
Ich freue mich über Kommentare