Sorry Christian, aber ich halte überhaupt nichts von Ladespannungen über 3,65V! Nicht zum "Initialisieren", nicht für Winston/Thundersky, nicht für GWL und auch nicht für andere LiFePO4/LiFeYPO4's ("LFP")!
Alles was ich weiß und woran ich mich immer gehalten habe ist, daß hohe Ladespannungen und lange Verweildauern bei solchen generell schlecht für Li-Ion Akkus sind. Für NMC, NCA und eben auch LFP. Hohe Ladespannungen und längere Verweildauern dort sind ein Kompromiss, weil die 100% SoC (state of charge) eben "nicht ohne gehen" (einladbar sind) und weil ein Top-Balancing eben auch nicht denkbar wäre, ohne einige Zellen zumindest eine Zeitlang in einem höheren Ladespannungsniveau zu halten.
Das ist ein grundlegender Unterschied zB zu Blei: Blei kann scheinbar gar nicht genug davon bekommen, schön lange auf ca. 2,3V je Zelle "zu hängen", aber Li-Ion altert nur unnütz, wenn es lange bei hoher Spannung verweilt. "Hoch" ist bei LFP schon alles über 3,5V.
Walter, ich möchte Dir aber andersrum auch keine Angst, machen: Du sollst natürlich schon auch mal Vollladen und regelmäßig Balancen. Insbesondere dann, wenn Du bei der darauf folgenden Fahrt eine hohe Reichweite haben willst. Es ist aber meiner Meinung nach ganz gut, ein paar "gute Li-Strategien" im Hinterkopf zu haben (hier gleich explizit für LFP):
- hohe Ladespannungen möglichst vermeiden (alles über 3,5V)
- Verweilzeiten bei hohen Spannungen, wenn denn doch mal nötig, begrenzen (zB nie länger als 30min Balancen, besser gar nur 10min!). Es muß auch nicht zwingend bei jedem Laden balanciert werden.
- möglichst nicht tief entladen (hier Analogie zu Blei vorhanden!). Heißt zB nicht so tief, daß die direkt auf einen Entladepuls folgende Ruhespannung unter 3,0V je Zelle liegt. Im Fahrzeug kann (und bei niedrigen Temperaturen wird) die Spannung unter Last aber auch schon mal auf 2,5V je Zelle abfallen. Der Innenwiderstand macht sich hier eben bemerkbar.
- aus dem Vorgenannten schlußfolgert sich, daß "Vollzyklen" von 100% zu 0% SoC zu vermeiden sind! Li-Ions und speziell LFP stecken diese zwar wesentlich besser weg und können zT mehrere tausend davon. Es sind aber auch gleich doppelt oder dreimal so viele Zyklen, wenn nur 50% "Hub" ausgenutzt werden!
- am besten geht es den Zellen bei "Minizyklen", irgendwo zwischen 40 und 60% SoC. Da LFP's eine sehr flache ENtladekurve haben, liegt der 40-60% Bereich beim Entalden eigentlich immer zwischen 3,35 und 3,2V. Beim Laden (hier gibt es bei LFP eine Hysterese zu beachten, die Ladespannung "springt" immer ein ganzes Stück höher) ist das irgendwo zwischen 3,35 und 3,45V. Theoretisch könnte man auch bei 3,48V balancen, wenn man keine vollen 100% für die nächste Fahrt benötigt, aber nur wenige BMS unterstützen frei wählbare Balancingspannungen.
- hohe Temperaturen vermeiden, auch beim nur-Lagern (alles über 25°C ist dabei schon hoch. Gefährlich im SInne von Sicherheit wird es mit LFP aber auch bei 60°C noch nicht)
- zu niedrige Betriebstemperaturen vermeiden: im Winter zum Laden möglichst die vorhandene Resttemperatur nach der Fahrt nutzen und morgens vor dem Losfahren die Zellen mit einer Batterieheizung auf zB 15°C vortemperieren. Das erspart den Bereichen in der Zelle unnötig Stress, die am niederohmigsten sind und so die "volle Stromlast" tragen müßten. Es stimmt zwar, daß sich die Zelle so auch von allein aufheizt, gut für die Zelle ist das aber nicht. Durch Vortemperieren nehmen größere Bereiche in der Zelle "am Stromgeben" teil und es werden eben nicht kleine Bereiche überstrapaziert.
- Lagertemperaturen können ruhig niedrig sein, da haben die Zellen die geringste Selbstentladung. Mir ist nichts bekannt, was gar gegen Minusgrade stünde. Typisch (praktisch) wird man aber wohl kaum etwas unter 8°C Kellertemperatur finden.
- könnte vll auch ganz nach oben: Li braucht für sicheren Betrieb mindestens Spannungsüberwachung der Einzelzellen (voltage monitoring)! Wer das unvermeidliche Auseinanderdriften der Zellspannungen in einer Reihenschaltung nicht anders löst (zB mit Einzelzell-Ladern oder einem "balance-Lader"), braucht ein BMS, das neben dem voltage monitoring natürlich auch ein Balancing mit an Bord hat. Das BMS muß das Ladegerät beeinflussen (mindestens abschalten, besser kontinuierlich abregeln) können und der Balancingstrom muß zum dann noch aus dem Ladegerät fließenden Ladestrom passen. 30mA Balancingstrom bringen nichts bei einem minimalen Ladestrom von 5A! Das BMS sollte auch wenigstens die Motorsteuerung beeinflussen (abregeln) können. Denn es nützt nichts, wenn das BMS "tiefrot" ist und aufgeregt piepst, die Frau aber trotzdem noch 20km weiterfährt ;-) (da hat was angefangen zu piepen, aber war wohl nicht so schlimm, ich bin trotzdem noch nach Hause gekommen ...)
Hier erwähnt werden sollte es auch, daß die Überdrucköffnungen der LFP-Zellen (bei Winston unter dem runden Aufkleber) nach oben gehören. Man kann zwar 5 Jahre lang Glück mit "seitwärts" haben, aber irgendwann gast mal trotzdem eine aus (zB hoher Ladestrom bei niedriger Temperatur) und dann würden zumindest Terminals und in der Nähe befindliche Elektronik leiden. Habe so etwas gerade erst gesehen und es sah nicht gut aus ...
Nochmal zu Deinem Thema: wenn 3,6V >=50A vorhanden, würde ich die 12-16 Stück 60-100Ah Zellen auch parallel an eine solche Quelle hängen, bis die 3,6V an den Zellpolen erreicht sind und dann noch 30min dranlassen. Wenn nicht, dann "fahrfertig" in Reihe verschalten und beim ersten Ladevorgang schauen, ob das BMS auch sauber bei 3,65V balanciert, den Ladestrom langsam abregelt und ALLE Zellen nach oben schön in der Spannung begrenzt werden. Wie auch immer die Zellen ausblanciert wurden, nach spätestens 30 min würde ich das Balancing (die Ladung) beenden und kontrollieren, daß nichts rückwärts ins Ladegerät fließt. Das restlose AUsbalancieren kann auch beim nächsten oder übernächsten Ladevorgang noch erfolgen.
Viele Grüße, Lars