Wie schädlich ist es für den Akku wenn man sich bei längerne Touren vom einen Chademo Lader zum nächsten bewegt und dazwischen nicht normal lädt. Also keine Zeit für Zellenausgleich zulässt.
Hallo Martin!
Das macht den Zellen gar nichts. Sie werden deswegen ja nicht ausserhalb der Spezifikation betrieben - sprich mit mehr als 4,105V Ladeschlussspannung und weniger als 2,75V Entladeschlussspannung. Das BMS-Temperaturmanagement ist davon auch unberührt.
Das Balancing hat eigentlich nur den Sinn, dass das BMS überhaupt in der Lage ist einen Gesamtladezustand und in Folge eine Gesamt-Netto-Entnahmekapazität zu berechnen.
Hintergrund ist die Verschaltung der einzelnen Zellen in Serie und der Ladetechnik in Serie. Es werden alle 88 Zellen in Serie geschaltet. So ergibt das die folgenden Systemparameter:
Eine LEV50-Zelle hat eine nominale Spannung von 3,7V und 50Ah Kapazität. Macht 185Wh Bruttokapazität (3,7V * 50Ah).
Alle 88 LEV50-Zellen in Serie geschaltet haben eine nominale Spannung von 3,7V * 88 = 325,6V (die 50Ah Kapazität bleiben gleich). Macht 16.280Wh Bruttokapazität (325,6V * 50Ah).
Mit diesen rund 330V Systemspannung kann man einen Elektromotor mit 35kW Dauerleistung und 49kW Spitzenleistung gut steuern, ohne dass die Ströme allzu gross werden. Leistung = Spannung * Strom. So fliessen bei Abruf der Spitzenleistung 151A (49.000W / 330V) durch die Stromleitungen zum Elektromotor.
Um die Ladetechnik möglichst einfach zu halten, werden die Zellen nicht einzeln geladen, sondern der ganze Block in Serie. D.h. aber auch, dass der Laderegler grundsätzlich keinen Einfluss auf die einzelnen Zellen hat, da der Ladestrom durch alle Zellen gleichermassen fliesst. Wird nun eine Zelle früher voll, als die anderen, was tun?
Dafür wurde das sogenannte Balancing eingeführt. Dabei wird schlicht die noch anstehende Ladeleistung bei dieser einen Zelle über einen Widerstand abgeführt und in Wärme umgewandelt - pure Energievernichtung!
Deshalb - und nur deshalb - ist es wichtig, dass alle Zellen die gleichen Eigenschaften haben und auch gleichmässig altern, damit beim Laden alle gleich behandelt werden können.
Um zu Deiner Frage zurückzukommen: bei unserem Wagen ist eine Zelle über einen Zeitraum von ca. 1.000km verstorben (siehe auch
Suche einzelne LEV50-Zelle für unseren Citroen C-Zero). In dieser Zeit hat kein Balancing stattgefunden, da die eine Zelle viel zu weit zurückgefallen ist mit der Zellspannung. Das BMS war nach dem Zellentausch - meinen Beobachtungen nach - anfangs etwas verwirrt. So hat es den SoC-Wert während des ersten Ladens nach dem Zellentausch nochmals nachgebessert. Da stand schon 97% SoC an, als der Wert vom BMS neu berechnet wurde und dann waren es wieder 90% (siehe auch
Youtube Video: 2015-08-29 - Erstes Laden nach dem Zellentausch).
Nachdem das Balancing mit sehr kleinen Strömen arbeitet, dauert es auch relativ lange, bis ein grösseres Ungleichgewicht wieder ausgeglichen ist. Je nach Ungleichgewicht können das schon 10 oder mehr Vollladungen sein.
2.500km nach dem Zellentausch sieht alles wieder so aus wie zuvor:
Youtube-Video: 2015-10-10 - Zeitraffer Fahrt - Batt Status Wenn Du nun ein paar Schnellladungen hintereinander machst, macht das gar nichts. Die Zellen trifften ja kaum auseinander, da sie tatsächlich sehr ähnliche Eigenschaften haben - auch über längere Nutzungszeiträume, wenn ich auf die letzten drei Jahre mit mehr als 65.000km zurückblicke.
Es gibt auch Leute, die das Balancing für überflüssig halten. Die stellen die Zellen einmal aufeinander ein und laden bis die erste Zelle die Ladeschlussspannung erreicht hat und entladen bis die erste Zelle die Entladeschlussspannung erreicht hat. Solche Lösungen findet man bei Umbauten von Verbrennern auf Elektroantrieb - funktioniert. Es kommt eigentlich nur auf die Serienstreuung in der Zellproduktion bzw. der Selektion für ein Akkupack an. Wenn alle Zellen die gleichen Eigenschaften haben, dann brauche ich das erst gar nicht.
Martin