Testbericht SAM
Beim Vorbereiten dieses Berichtes stand für mich die Frage, aus welcher Sichtweise ich das Gerät beschreiben und beurteilen soll. Als Freund des City-El, oder als technikbegeisterter Automobilst und Motorradfahrer ?Weil wir alle El-Kenner sind habe ich mich also entschlossen diese (meine) Sichtweise zu verwenden.
Der Sam lässt sich schlecht mit den mir bekannten Elektromobilen vergleichen. Die einzige Verwandtschaft zum El ist die Tatsache, dass es einen elektrischen Antrieb und drei Räder besitzt.
Ich will nicht auf die aus den Presseberichten und dem vorhandenen Datenblatt bekannten Fakten eingehen, sondern meinen Subjektiven Fahrgefühlen und Wahrnehmungen freien Lauf lassen.
Beim ersten Ansehen war der Eindruck des Bildes getrübt, durch die effektheischende Formgebung. Obwohl die Linien denen des ersten Horlachers gleichen, fehlt die schlichte Eleganz, die sich mit zunehmendem Betrachten als gekünstelt und durch die stumpfe Farbe des Poliätylen ein wenig grobschlächtig wirkt. Ich vermisse dies ganz speziell im Vergleich mit dem El und auch mit dem Twike.
Die doppelwandige ca. 7 cm dicke Schale macht einen sehr stabilen Eindruck. Und kann, so meine Kenntnisse bezüglich Kunststoffe auch härtere Rempeleien verkraften, da sie vom Material her sehr elastisch ist. Durch die Form der beiden Halbschalen, die in Längsrichtung unten mit dem Chassi und oben stumpf verschraubt sind, ergibt sich eine hohe Verwindungssteifigkeit.
Der Türmechanismus ist ein wenig zu ehrgeizig und ganz sicher noch nicht ausgereift. Es braucht mindestens zwei Hände und viel Gefühl, um sie richtig zu schliessen. Das Einsteigen erfordert gute Beweglichkeit, weil die Beine gleichzeitig gespreizt und zudem über den Chassitunnel gehoben werden müssen. Der vordere Sitz lässt sich in Längsrichtung verschieben um das besteigen des Hinteren zu ermöglichen. Auf diese Weise kann der Passagierraum auch als Gepäckraum genutzt werden, der ansonsten gänzlich fehlt.
Die Präsentation wurde einer PR Organisation übergeben. Von den „Machern“ war niemand anwesend. Die PR Leute konnten leider keine weitergehenden Fragen beantworten, als ich sie schon aus dem Datenblatt kenne. Die Probefahrt war auch sehr kurz, weshalb eine Beurteilung der Fahreigenschaften sehr subjektiv gehalten bleibt.
Als erstes muss erwähnt werden, dass man wirklich das Gefühl hat in einem Auto mit sehr schmalem Innenraum zu sitzen. Der Komfort ist für ein so kleines Fahrzeug sehr gut und die Sitze angenehm straff. Die Armaturen sind übersichtlich angeordnet und beinhalten als Besonderheit einen Energieverbrauchsanzeige. Diese ist in 100% Einheiten eingeteilt und ermöglicht, ähnlich eines Amperemeters eine ökonomische Fahrweise. Die Bedienungselemente sind allgemein wie im El angeordnet und bedürfen keiner zusätzlichen Angewöhnung. Die Lüftungsdüsen lassen sich sehr subtil verstellen.
Fahrgefühl
Die Beschleunigungswerte sind wirklich ausserordentlich, so dass man auch am Berg nie zu einem Hemmschuh wird. Bei ca. 7% Steigung waren immer noch 70 Kmh drin. Allerdings hat dies auch akustisch seine Folgen; der Antrieb heult wie ein Jettreibwerk. Bei voller Beschleunigung, mit ca. 40 Kmh, 88Db ! Auch von aussen sind die Geräusche des Antriebs höher als sonst von Elektromobilen gewöhnt. Bei Einsetzen der Rekuperation wird es infernalisch. Ich weiss nicht warum dieses Teil so einen Krach macht.
Die Reku war für mich jedoch etwas vom Interessantteten. Sie kann ein und ausgeschaltet werden. Im Betrieb wirkt sie fein und beim Bremsen sehr progressiv gemäss dem Druck auf das Bremspedal. Sie bringt sehr gute Verzögerungswerte.. Dies ist aber auch nötig, weil die Bremsen alleine den 700 Kg nur sehr schlecht gewachsen sind.
Die Lenkung ist hart und verlangt gut ausgebildete Bizeps. Sie ist jedoch sehr präzises und bringt ein hohes Sicherheitsgefühl. Nur rückwärts Einparken macht echt Mühe, auch weil die Sicht nach hinten sehr eingeschränkt ist.
Antrieb
Einblick in den Antriebsteil konnte mir leider nicht gewährt werden, weil der hintere Karosserieteil ziemlich aufwendig verschraubt ist. Also nicht so das Wahre für „Schrauber“. Ein paar Infos konnte ich mir dennoch zusammenkratzen.
* Der Batterie- und Elektronikteil inkl. Ladegerät sind in einer Schublade untergebracht, die nach hinten herausgezogen wird. Aber eben, nicht so zum schnell etwas Schauen oder Machen.
* Der Motor und die Elektronik sind wassergekühlt. Die Kühlflüssigkeit sowie das Wischwasser kann bei der vorderen Karosserieklappe die auch den Einblick in den Fahrgestellbereich frei gibt kontrolliert werden.
* Die Leistungscharakteristik kann am Fahrzeug softwearmässig eingestellt werden.
Fahrwerk
Hier haben die Jungs wirklich gut gearbeitet. Die vordere Aufhängung besteht aus einem Alugussrahmen mit Dreiecksquerlenkern die wirklich sehr schön gearbeitet sind und eine hohe Qualität versprechen. Die Lenkung folgt über Zahnstange. Die Federung wird von einer Blattfeder aus Glasfaserkunststoff übernommen. Hier stellt sich für mich die Frage nach der Dauerhaftigkeit. Die Dämpfer wirken eher bieder.
Ganz anders bei der hinteren Radführung. Hier wurden in einer gut verstrebten Doppelschwinge exklusive „Fournales“ Luftstossdämpfer verbaut.
Es gibt an allen Rädern Scheibenbremsen, die jedoch wie oben schon angedeutet, nicht dem heutigen Stand entsprechen. Ein City-El bremst besser! Schade auch, dass bei den Rädern gespart wurde. Hier gibt es einfache Stahlblechfelgen ohne Abdeckung.
Fazit
Der Sam ist ein im Ansatz und in vielen Detail sehr gut gelungenes Fahrzeug, an dem aber noch gearbeitet werden muss. Sein Einsatzbereich würde ich, wegen seinen guten Fahrleitungen und der respektablen Reichweite im Agglomerationsverkehr einordnen. Für den reinen Stadtverkehr wäre er für mich nicht geeignet, weil er wegen seinen Abmessungen einen Autoparkplatz benötigt. In der Schweiz darf das City-El auf Zweiradparklätzen abgestellt werden. Die freistehenden Vorderräder sind mir ein bisschen zu stark gefährdet, schon kleine Kollisionen gehen ans „Eingemachte“, sprich, direkt an das Fahrwerk. Da ist mit Glasfaser und Harz nicht viel zu machen.
Ps. Im Moment würde ich immer noch lieber ein City-El kaufen und das Geld, das ich bei den teuren Batterien spare, in dessen Optimierung investieren. Auf jeden Fall hat sich die Freude an meinem El durch das „Fremdgehen“ in keiner Weise geschmälert.
Bern. 2. Sept. 2001 Peter Reutegger
Ins Forum gestellt von Ralf Wagner