Was D braucht sind günstigere Kraftwerke für die Deckung der Residuallast, und zwar dringend. Allerdings ist da kurzfristig nichts in Sicht.
Aktuell reicht allein der fossile Kraftwerkspark in D aus, um rund 200% des Spitzenbedarfs zu decken.
Momentan gibt es also an neuen Kraftwerken faktisch keinen Bedarf.
Böse gesagt können da noch eine ganze Menge Fossilkraftwerke dauerhaft zurückgebaut werden, ehe das Thema wirklich eines wird.
Derzeit wird nur dann importiert, wenn der Strom im Ausland billiger ist und/oder als Alternative zu Redispatch.
Viel dringlicher wäre die Verstärkung der Stromnetze, da insbesondere auch Redispatch-Maßnahmen die Netzkosten treiben.
Kurze Erklärung für alle, die in der Materie nicht so drin sind:
Wenn z.B. im Norden gerade viel Wind ist und deshalb die dortigen WKA den Strom billig machen und Industriestandorte im Süden diesen billigen Strom kaufen und nutzen wollen, kommt es immer häufiger vor, dass die Leitungskapazität nicht ausreicht.
Das hat zur Folge, dass die Windräder im Norden abgeregelt werden müssen (dafür werden die Betreiber entschädigt - sie konnten und wollten ja liefern), während gleichzeitig nahe den Abnehmern teure Fossilkraftwerke hoch gefahren werden (das bezahlen die Privatkonsumenten über die Netzentgelte - die energieintensive Industrie ist davon befreit).
Dazu kommt, dass fossile Kraftwerke immer weniger/seltener laufen müssen, da immer öfter und länger die EE die gesamte Energienachfrage bedienen können.
Da diese Energie unschlagbar billig hergestellt werden kann, wird diese meist mit Handkuss aufgekauft - unter Anderem von ausländischen Abnehmern.
Das wiederum führt dazu, dass dort weniger Fossilstrom gebraucht wird.
Davon profitieren am Ende alle.
Um also die Strompreise niedrig zu halten gibt es effektiv zwei Möglichkeiten:
1. Man deckelt den Strompreis mit Steuergeldern
2. Man investiert in viel mehr EE und die Leitungen, um die Energie dort hin zu bekommen, wo sie gebraucht wird
1 sorgt mittelfristig dafür, dass Energieversorger eine Selbstbedienungs-Mentalität entwickeln, wie wir es in Frankreich gut beobachten können. Dort musste jetzt der größte Energieversorger EDF verstaatlicht werden, um wenigstens den Staat nicht in den Bankrott zu treiben durch extrem hohe Stromgestehungskosten bei gleichzeitig gedeckeltem Konsumentenpreis. (In diesem Zusammenhang sei gesagt, dass ich die oben genannten 30€/MWh für Atomstrom für drastisch zu wenig halte. Etliche Studien legen nahe, dass die MWh Atomstrom eher zwischen 130€ und 400€ kostet, wenn man alle indirekten Förderungen wie z.B. die Endlagerung einberechnet.)
Hier ein wenig Lesestoff dazu:
Das Märchen vom billigen Atomstrom - Wenn die Atomkraftwerke abgestellt werden, steigt der Strompreis und die Verbraucher werden stärker belastet. Das beha...
www.igmetall.de
Bei einer unabhängigen Betrachtung ist Strom aus Atomkraftwerken völlig unwirtschaftlich, vor allem im Vergleich zu den Erneuerbaren Energien.
www.bund-sh.de
https://www.bloomberg.com/news/arti...-twice-as-pricey-as-germany-s-on-nuclear-woes Am Samstag werden die letzten Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet. Dank Habeck später, als von Union und FDP gewollt. Klingt komisch? Hier 5 Fakten (und mehr), die in der derzeitigen Debatte ständig ignoriert werden.
www.volksverpetzer.de
Österreich hat eine Expertin damit beauftragt, die Atomkraft mit Erneuerbaren Energien zu vergleichen. Sie kommt nach Studienstudium zu eindeutigen Schlüssen.
www.heise.de
2 sorgt dafür, dass man für einige Stunden im Jahr ein Backup benötigt.
Aktuell übernehmen dieses Backup die vielen hundert Fossilkraftwerke im Land, die zu einem erschreckend großen Anteil auch dann nicht abgeschaltet werden können, wenn deren Energie garnicht gebraucht wird ("Must-Run-Anlagen").
Einen Großteil dieser Backup-Kapazitäten wird in absehbarer Zeit von chemischen Energiespeichern (Akkus/Batterien) abgedeckt werden, wie das z.B. in Australien bereits seit einigen Jahren sehr erfolgreich gemacht wird.
Batterien eignen sich insbesondere durch ihre hohe Bandbreite an positiver und negativer Regelenergie, sowie der extrem schnellen Regelbarkeit über das gesamte Leistungsspektrum hervorragend um Spitzen in Angebot und Nachfrage aus zu gleichen.
Außerdem sollten Backup-Kapazitäten vorgehalten werden, für den Fall, dass das Ausland nicht liefern kann/will, und die Erzeugung über längere Zeit unter dem Verbrauch liegt.
Auch das kann mit bereits bestehender Technik (alte Fossilkraftwerke) recht gut erledigt werden, da solche Extremwetterlagen idR. etliche Tage zuvor absehbar sind, was den Kraftwerken ausreichend Zeit gibt den Betrieb auf zu nehmen.
Langfristig werden diese Betriebsstunden jedoch mit zunehmendem EE-Ausbau so wenig werden, dass sich der Erhalt der alten Kraftwerke nicht länger lohnt.
Dann muss man sehen, ob zu diesem Zeitpunkt ausreichend Erzeuger-Kapazität im Ausland verfügbar ist, oder ob es mehr Sinn macht im eigenen Land dieses Backup zu realisieren.
Je weniger Betriebsstunden ein Stromerzeuger voraussichtlich arbeiten muss, um so wichtiger ist, dass die Anschaffung billig und der Automatisierungsgrad hoch ist. Die Brennstoffkosten spielen dann eine immer geringere Rolle.
Hierfür bieten sich sog. "Containerkraftwerke" an. Das Sind Gas- oder Ölturbinen samt Generatoren, die fertig montiert in Frachtcontainern hergestellt werden.
Solche "Backup-Kraftwerke" können binnen extrem kurzer Zeit realisiert werden, wenn man dafür Standorte wählt, an denen das Stromnetz ohnehin bereits gut ausgebaut ist (z.B. Umspannwerke oder alte Kraftwerksstandorte). Der Aufbau wurde bereits tausendfach erprobt (Bisher hauptsächlich im europäischen und globalen Süden) und ist bei Bedarf innerhalb weniger Wochen realisierbar.
Aktuell gibt es daran jedoch faktisch noch keinen Bedarf.
Was wir also wirklich brauchen sind also nicht Residuallast-Kraftwerke, sondern deutlich mehr EE und ein stärkeres Leitungsnetz, um die Strompreise günstig zu halten.
Es gibt sogar mehrere unabhängige Studien, die davon ausgehen, dass der Strompreis sogar deutlich sinken könnte, wenn man ausreichend ins Stromnetz investieren würde.
Leider hat die Politik damit bisher noch ein Problem. (Ich vermute, dass da die Zeithorizonte zu weit oberhalb der Legislaturperioden liegen...)
Nachtrag:
Eigentlich gibt es sogar noch eine Möglichkeit 3 - nämlich das aufbrechen der "deutschen Kupferplatte" (also der einheitlichen Preiszone für ganz Deutschland) entlang der tatsächlichen Koppelkapazitäten.
Das würde allerdings dafür sorgen, dass sich in Regionen mit wenig EE-Generatoren (z.B. Bayern, BaWü) der Strom drastisch verteuern würde, während er in Regionen mit viel EE-Generatoren (z.B. Schleswig-Holstein) der Strom im Vergleich extrem billig würde.
Das würde dafür sorgen, dass die aktuellen "Bremser" dazu animiert werden, in Sachen Leitungen und EE-Zubau aus dem Quark kommen.
Allerdings führt das natürlich zu politischen Spannungen, da die Brems-Regionen das natürlich gar nicht toll finden, dass die Konsequenzen der Verweigerung sichtbar werden.
Da politische Prozesse erfahrungsgemäß deutlich langsamer und zudem irrational ablaufen als technische Herausforderungen klammere ich diese Option hier mal aus, da mir hier eine Lösung nur dann überhaupt möglich erscheint, wenn die EU oder das Kartellamt (bzgl. der Übertragungsnetzbetreiber) hier Fakten schafft.