Hallo
Fangen wir ganz von vorne an:
Man muss die Zellen balancieren, wenn sie auseinanderdriften. Nicht alle Zellen sind gleich, das ist ein Qualitätsproblem und auch ein Problem der Technologie der Zellenfertigung und damit eine Kostenfrage. Man muss eine Initialladung vornehmen, bei der alle Zellen auf dieselbe Spannung geladen werden. Ich habe das mal protokolliert und dabei Unterschiede der Kapazität um 5% gefunden. Das ist nicht weiter schlimm.
Über den Weg das Balancing durchzuführen gibt es erhebliche Meinungsunterschiede und sehr verschiedene Wege. Auch darüber, ob eine Einzelspannungsanzeige notwendig oder eher schädlich ist, sind wir geteilter Meinung. Das Problem: Durch die zusätzlichen Kabel und Messungen erhöht sich die Komplexität und damit die Fehleranfälligkeit. Viele Anzeigeinstrumente belasten die Zellen dabei ungleichmäßig und sind dabei auch noch ungenau, so daß der Nutzen fragwürdig ist. Der Leckstrom ist nicht unerheblich. Er kann auch nicht unendlich klein werden, weil sonst die Messgenauigkeit durch HF-Einstrahlung leidet, Stichwort Kabellängen. Umsonst bekommt man es auch nicht.
Meine Meinung dazu: Jede Zelle muss eine Unterspannungsüberwachung haben, wenn der Akku voll ausgenutzt werden soll. Ich habe eine solche Überwachung, aber ich brauche sie praktisch nicht, weil ich den Akku fast nie leerfahre.
Man kann die existierenden BMS in mehrere Klassen aufteilen:
1. sogenannte Lastmodule wie http://www.litrade.de/shop/BMS-Balancer/Balancer-Lastwiderstaende/Balancer-2-3A-mit-LED-NEUE-AUSFUERHUNG.html
2. Intelligente Lastmodule mit µC wie http://www.litrade.de/shop/BMS-Balancer/Balancer-Lastwiderstaende/Balancer-easy-programmierbar-Temp-Spannungsalarmausgang-Diagnose-LED-2-4A.html
3. Zentralisierte BMS wie http://www.litrade.de/shop/BMS-Balancer/BMS-Systeme/Litrade/BMS-16S-PMOS.html
Was sind die Vorteile und Nachteile?
1. Vorteile: Preis. Nachteile: Nicht überwachbar, nicht selbstüberwachend. Wenn der Transistor durch Überhitzung durchlegiert wird die Zelle mit >2A entladen, nach ein paar Tagen ist sie kaputt.
Dieses Problem haben aber alle BMS. Es ist eine Qualitäts- und Auslegungssache.
2. Vorteile: Kann sich prinzipiell selbst überwachen. Nachteile: Wird nicht konsequent durchgeführt. Es fehlt z.B. eine zweite Referenzspannung um einen Fehler der Referenzspannung überhaupt finden zu können. Die Komplexität ist hoch, man braucht für jede Zelle einen µC, der natürlich durch den Lastwiderstand hohen Temperaturen ausgesetzt wird, was man wiederum durch einen Temperatursensor ausgleicht, der eine Sicherheitsabschaltung in Software bewirkt. Man braucht eine oder mehrere Ringleitungen oder zumindest irgendein Netzwerk. Also auch wieder eine Zentrale, die die Messdaten auswertet und vielleicht auch anzeigt. Das ist im Motorraum eines Cityels natürlich ein Problem, da gibt es (Kohle-)Staub, Feuchtigkeit. Ein großer Nachteil ist der Stromverbrauch mit 12mA. Das sind 10Ah pro Monat. Nach 10 Monaten ohne Nachladen sind 90Ah Akkus kaputt, und zwar alle zusammen. Wenn sie nicht vollgeladen waren auch sehr viel früher.
3. Vorteile: Nur ein µC. dynamisches Balancing bei Langsamladung möglich. Nachteil: Die Hitzequelle ist nicht verteilt sondern konzentriert. Ohne Lüfter geht es nicht, die Alternative ist eine Temperaturüberwachung und Abschaltung. Aber dann wird eben auch nicht balanciert oder eben nur sehr langsam. Billig ist es auch nicht. Von jeder Zelle muss eine Verbindung an einen zentralen Stecker geschaffen werden, wenn das Kabel einen Kurzschluss hat, wohin auch immer, brennt die Bude. Also Sicherung an jeder Zelle. Sicherungen gehen auch mal von alleine kaputt. Also muss auch das erkannt und angezeigt werden.
Mein BMS, ich nenne es Licoup für Lithium Individual Cell Over and Undervoltage Protection, geht einen Mittelweg.
Ich verwende ebenso wie die 2. Klasse Einzelmodule für die Zellen und eine Ringleitung mit Optokopplern. Allerdings verwende ich keinen µC sondern nur einen Doppelkomparator mit eingebauter Referenz in Automotive Qualität. http://www.linear.com/product/LT6700 . Der kostet leider auch Geld. Dafür ist er bis 125°C spezifiziert und bei meinen extremen Tests hielt er auch 48V Pulse bei hohen Temperaturen aus. Die Referenzspannung ist sehr gut und den Referenzen in billigen µC eindeutig überlegen. Der Komparator arbeitet kontinuierlich, ein Aliasing wie bei ADCs gibt es nicht. Das gesamte Modul inklusive eingeschaltetem Optokoppler braucht unter 1mA. Unterhalb 2.5V, wenn der Optokoppler abschaltet 0.1mA.
Mit diesem Stromverbrauch sind auch jahrelange Standzeiten kein Problem.
Natürlich braucht auch dieses System eine Zentrale zur Steuerung der Ladegeräte. Ich benutze ein Meanwell RSP 3000 und ein MDR 60 zum balancieren.
Ich habe auch die Zentrale komplett ohne µC aufgebaut, aber das ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluss. Ich werte den Strom der Ringleitung doppelt aus, nur wenn der + und der - Anschluss einen Strom > 1mA haben, wird der Alarm abgeschaltet und der starke Lader nicht ausgeschaltet. Daneben gibt es noch eine Temperaturmessung für die Zellen um die Heizung zu regeln. Zu Beginn der Ladung sind beide Lader eingeschaltet, es fliessen 65A. Irgendwann erreicht der starke Lader seine Spannungsgrenze und regelt ab. Der kleine Lader hat eine höhere Spannung, kann aber nur 1.8A liefern. Irgendwann spricht das erste Modul mit Überspannung an und schaltet seinen Optokoppler aus und seinen Lastwiderstand an (2.1A). Daraufhin wird der starke Lader einfach primärseitig abgeschaltet. Eine Spannungsabsenkung kann auch analog durchgeführt werden, aber ich brauche das nicht und es erhöht die Komplexität. Der kleine Lader lädt zeitgesteuert weiter. Irgendwann sind bei allen Zellen die Lastwiderstände an im quasianalogen Betrieb, das heißt sie schalten sich mit etwa 100 Hz an und aus, man sieht ein Flackern der roten und grünen LEDs. Eine besondere Kühlung der Lastwiderstände ist nicht notwendig, auch im Sommer bei 40°C nicht, trotz Abdeckung und thermischer Isolation der Zellen in Kisten aus PUR.
Ich habe eine kleine Analyse gemacht, welche Fehler zu welchem Verhalten führen und versucht die Fehler entdeckbar zu machen:
Was sind die Top-Fehler?
1. Zelle wird permanent entladen mit hohem Strom
2. Zelle wird nicht vor Überladung geschützt
Ich habe zwei LEDs pro Platine, grün ist im Normalspannungsbereich an, rot ist an, wenn der Lastwiderstand Strom zieht.
Man kann also den 1. Fehler durch optische Kontrolle finden. Nachdem die Ladung beendet wurde müssen alle roten LEDs aus sein und alle grünen an.
Man kann auch den 2. Fehler optisch sehen: Wenn beim Balancing die rote LED niemals angeht, dann wird offensichtlich nicht balanciert.
Zur Praxis: Ich fahre nicht sehr viel. In 5 Jahren gerade mal 12000km.
Anfangs musste ich bis zu 15 Minuten balancieren. Das ging dann nach 10 Zyklen runter auf 5 Minuten. Ich habe es dann einfach gelassen und nur einmal pro Woche balanciert. Auf der Sinsheim Tour fahre ich zweimal 75km. Das ist bei meiner Fahrweise knapp, beim Ladehalt brauche ich etwa 2 Stunden inklusive Balancieren. Im Winter 2014/2015 hatte ich diverse Umbauten. Dabei habe ich die Batterie nicht getrennt. Der DCDC hat die Zellen auf 0 V entladen. 14 von 15 Zellen haben es überlebt. Eine Zelle war intern kurzgeschlossen, ich habe sie einfach extern kurzgesschlossen mit 40^2mm. Anfangs musste ich mehrere Stunden balancieren nach jeder Ladung. Mittlerweile sind es nur noch ein paar Minuten. Ich fahre Ströme bis 250A aus den 90Ah Zellen. Die Spannung geht bis auf 36V runter, also knapp oberhalb der Alarmschwelle von 2.5V/Zelle. Wenn ich weiter fahre und richtig viel Gas gebe kommt manchmal der Alarm. Unterhalb 20km aber nie.
Die Zellmodule gibt es leider nur theoretisch bei http://shop.lipopower.de/ zu kaufen, im Angebot findet sich nichts.
Was kann verbessert werden? Die roten LEDs gehen leider kaputt, seltsamerweise nicht bei allen Modulen sondern nur bei 20%.
Die Zentrale ohne µC erfüllt zwar ihren Zweck, könnte aber in Verbindung mit dem Analogeingang des RSP-3000 viel mehr leisten und den Ladevorgang noch beschleunigen.
Ich habe die Module 2 fach lackiert. Keines hat irgendwelche funktionalen Probleme.
Eure Fragen?
Gruß
andreas
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