Die unglaubliche Geschichte von Michael R und seines Fiat 500e - Elektroauto Forum

Die unglaubliche Geschichte von Michael R und seines Fiat 500e

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dadoc

Neues Mitglied
16.02.2016
16
Ich teile mal meine Erlebnisse mit euch. Einfach so, vielleicht ist es unterhaltsam, anrührig und sorry, falls langweilig:

Ich starte 2012, da kaufte ich einen Fiat 500 (Fiamm, MES DEA) mit Zebra Batterie, der zuvor für die FH Kempten in einem Feldversuch Elektromobilität gelaufen war. 11000 km, große Freude. Der Wagen lief dann bis Herbst 2016, 30 tkm fehlerfrei, pure Freude. Im Herbst 2016 dann ein Unfall, ein Linksabbieger übersah mich und streifte mich am Hinterrad. Am gleichen Tag hielt dann die Zebra die Temperatur nicht mehr, war nach 1 weiteren Tag leer, für mich sah es aus, als wäre das durch den völlig ungefederten Aufprall auf die Felge verursacht und deswegen vermutlich ein Riss in der Vakuumhülle. Da der Gegner sich erst mal weigerte, seine Verantwortung anzunehmen, folgte die Klage wegen des leichten Blechschadens, des erheblichen Batterieschadens und Nutzungsausfall. Alles zusammen gut 12 TEUR.

Dann ewiges Hin und Her der gegnerischen Versicherung (HUK), erste Gutachtertermine (denen ich erklärte, was ein Elektroauto ist, wo die Batterie sitzt, unglaubliche Erlebnisse) und am Ende eine Richterin, die fehlerfreie 42 tkm und den Tag-gleichen Zusammenhang mit dem Temperaturverlust ignorierte und einen gerichtlichen Gutachter beauftragte, der ein Fern-Gutachten anfertigte und vor Gericht lang und breit ausführte, dass er hohe Aufwände hatte, da er sich zunächst mal in den Aufbau eines Eektroautos einarbeiten musste. Er kam dennoch zu dem Schluss, dass der Aufprall nicht zwingend die Ursache sein könne, denn die Beschleunigungskräfte wären zu niedrig gewesen. Er könne aber auch nicht sagen, dass es unmöglich sei, dass die Batterie durch den Aufprall beschädigt wurde. Er besichtigte den Fiat kein einziges Mal und stützte sich auf die Gutachten der HUK und "eigene Berechnungen". Er meinte auch, er könne eine forensische Untersuchung durchführen, die mehr Erkentnisse bringen würde, wenngleich sie auch niemals einen evtl. Zusammenhang beweisen würde, denn alles, was man dan sähe, wäre ggf. ein Riss im Vakuum-Pack.

Die Richterin ordnete daraufhin eine forensiche Untersuchung der Batterie an, deren Kosten wir zu tragen hätten und die wir ja dann von der Gegenseite wieder einfordern könnten, falls wir Recht bekämen: 25 TEUR und die Batterie würde natürlich bei der Untersuchung zerstört.

Wir haben dann die Klage zurückgezogen, einen Beulendoktor beauftragt, Spur vermessen lassen (kein Verzug) und wollten das Auto bei nem Bosch dienst checken lassen. 17 Münchner Bosch Dienste sagten uns ab, weil niemand dort die notwendige Zulassung hatte! Also das Auto zu e-car-service nach Lustenau gebracht, wo wir schon zuvor mal beim Checkup waren und gut bedient worden waren. 2500,- EUR anbezahlt, weil wir würden eine refurbished Batterie von FZSonnik bekommen und man müsse da in Vorleistung gehen. Nach ein paar Monaten nachgefragt, was denn los sei. Alles in Ordnung, sie würden noch auf eine Batterie von FZS warten, da aktuell keine Z57 verfügbar sei. Nach weiteren Wochen wieder gefragt, keine Reaktion. In immer kürzeren Abständen angerufen, Emails, SMS - keine Antwort. Dann die Polizei in Lustenau angerufen, ob sie mal vorbei fahren könnten, ob unser Auto da noch steht und fragen, was los it. Dann der Rückruf von der Polizei, das Auto stehe noch da, aber es sei wenig los und ein Kollege hätte gemeint, er hätte schon mit mehreren Kunden von e-car-service telefoniert, die würden alle ihre Autos suchen, irgendwas stimmt da nicht.

Dann eine Freundin bei den Vorarlberger Stromwerken angerufen, deren Elektroautos früher mal bei e-car-service (Vlotte) gewartet wurden. Ihr Kollege meinte, die seien in Konkurs. Dann immer mehr Druck aufgebaut, nochmal die Polizei um Hilfe gebeten, die sind auch hin gefahren und haben einen Mitarbeiter angetroffen und dem klar gemacht, dass er zu reagieren habe. Eine Woche später denn eine SMS "Wir sind in Konkurs, bitte holen Sie Ihren Wagen ab".

Also Leihwagen mit AHK gemietet, PKW Transportanhänger, 200 km nach Lustenau gefahren, Fiat aufgeladen. Der Mitarbeiter verweigerte jedes Gespräch mit dem Hinweis auf eine angebliche Kehlkopfentzündung, er könne nicht sprechen. Der Firmeninhaber meinte am Telefon, er hätte einen schweren Unfall gehab und säße im Rollstuhl und hätte nichts mehr mit der Firma zu tun. Also ohne eine Möglichkeit, über die Anzahlung und den Zustand des Autos zu reden wieder heim gefahren. Zuhause gemerkt, dass die 12V Bordbatterie fehlt, der Rest war vorhanden.

Zuhause dann das alte XP-Laptop mit Peak CAN Adapter und Auslesesoftware wieder in Betrieb genommen und die neue 12V eingebaut und das Auto ausgelesen, das immer noch keinen Muks macht und sobald man 220V ansteckt fliegt in der Wohnung die Sicherung. Dann unglaubliches Staunen: Im Auto ist eine andere Zebra, als bei der Anlieferung zu e-car-service! Sie ist älter, hat eine niedrigere Seriennummer, mehr Ladezyklen und einen Kurzschluss in Zelle 1. Nun besteht die Möglichkeit, dass es durch diesen Kurzschluss beim ersten Anstecken an 220V auch den Lader zerlegt hat.

Mein Fazit der Geschichte: Es ist einfach noch zu früh für Elektroautos in Deutschand und das ist ein echtes Desaster und eine Schande. Im Schadensfall bist du aufgeschmissen, ausser, du hast einen E von einem etablierten Hersteller (von denen m.M. noch immer keiner einen vernünftigen und bezahlbaren E im Programm hat). Vor Gericht haben sie keine Ahnung, immerhin haben wir durch unseren Rückzieher einen Präzedenzfall verhindert - stellt euch mal vor, das macht Schule, dann bleiben künftig alle Elektromobilisten bei Unfällen auf ihren sehr wahrscheinlichen Batterieschäden sitzen!

Da das Auto im Grunde ein saugemütlicher, freundlicher und sehr gut zu fahrender Wagen ist, wird jetzt en Bastler gesucht, der das MES-DEA Zeugs (also nur Batterie, Inverter und Lader denn Heizung, Servo- und Bremspumpe, die gesamte Verkabelung und den Motor kann man gut weiter nutzen) rauswirft und es sich auf Li oder sonst was umrüstet und wir sind wieder halb zurück zum Verbrenner und haben uns nen Outlander PEHV bestellt. Mir reichts mit dem Pioniersein, dass ich damit so auf die Schnauze falle war nicht vorstellbar! Dass es nicht einfach wird, war mir bewusst und in Kauf genommen, aber SOWAS!?

Viele Grüße, Michael R
 

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Werni

Bekanntes Mitglied
19.02.2019
2.175
Heidenrod
Also wenn ich das hier so lese, ist der falsche Gutachter beauftragt worden. Es hätte einer sein müssen, der auch schon Erfahrung mit derartigen Batterien hat. Im Zweifelsfall das ganze Ding zur Herstellerfirma und da begutachten lassen - wenn es einer weiss, dann die. Wie will jemand, der sich da erst einarbeiten muss, ein fundiertes Urteil abgeben? Eventuell hätte man die Batterie ja mal röntgen können, jedenfalls hätte es wohl einen Spezialisten für Werkstoffkunde gebraucht, keinen Fahrzeuggutachter.

Der Zusammenhang ist offensichtlich relevant, und ohne Vor-Ort-Untersuchung? Da würde ich dem Gutachter ja schon fast wahlweise Unfähigkeit oder Voreingenommenheit unterstellen. Zeigt aber, die Zebra-Akkus sind eine eigene Welt (ich habe mich bei der Versteigerung da letztens wohlweislich von den Dingern ferngehalten).

Die Geschichte mit der Firma ist dann natürlich noch extrafein. Ist der Tausch des Akkus anhand alter Unterlagen beweisbar? Zu holen ist bei der Firma wahrscheinlich nichts mehr, aber bei kriminellem Handeln könnte man den Verantwortlichen eventuell zivilrechtlich und persönlich dranbekommen? Das überschreitet aber meine rechtlichen Kenntnisse deutlich.

Das ganze bestärkt mich in meiner Einstellung, gerne Vorreiter zu sein, mich aber nur auf Technik einzulassen, die ich mit meinen Kenntnissen überschauen kann. Mit der Zebra-Batterie haste leider halt wirklich die exotischste Form gehabt, die ich kenne. Und Vakuum-Equipment hat glaub ich wirklich keiner zuhause rumstehen...


Gruss,

Werner
 

Ralf Wagner

Administrator
15.03.2007
4.708
Filderstadt
www.elweb.info
Hallo Michael, das tut mir leid für dich. Es ist mit Schmerzen verbunden Pionier zu sein. In dem Fall bist Du in erster Linie Opfer eines unfähigen Gerichtes geworden, deren Horizont die Elektromobilität nicht erreicht hat.

Zwischenzeitlich bekommst Du einen Fiat 500 als US Import für ca. 14.000 € und das macht es eben schwer Deinen Schatz zu verkaufen.
 

R.M

Bekanntes Mitglied
24.12.2006
10.248
Hallo

Also da ich mich in letzter Zeit etwas mit den Zebras beschäftigt habe einige Anmerkungen dazu. Eine Zellenüberwachung gibts nicht sondern nur eine Blocküberwachung da die Teile aus 2 Modulen bestehen die entweder in Reihe oder Parallel geschaltet sind. Einzelne kurzgeschlossene Zellen sind kein Problem sondern beeinflussen nur die Kapazität..

Was problematisch ist ist der Isolationswiderstand zwischen den Zellen und dem Gehäuse. Dort scheint ein Konstruktionsfehler zu liegen. Da das Gehäuse nicht hermetisch dicht ist wegen der Kühlung kann es sein dass sich im Gehäuse Ablagerungen festsetzen die dann den Fehler verursachen. Also immer die Filter reinigen und beim Aufwärmen am besten mit Schutzgas durchströmen.

Wenn jemand am Handbuch für den Akku interessiert ist der schreibe mir.

Zum Gericht: Bei solchen Sachen muss man sich leider selbst darum kümmern wer der Gutachter ist. Den kann man vorschlagen und wäre in dem Fall der Batteriehersteller gewesen aus drei Gründen. Das Gericht erkennt den Hersteller als Gutachter immer an, die haben das richtige Werkzeug und Know how zum zerlegen und können am Ende den Pack wieder instandsetzen.

Leider muss man da genauso wie bei Behörden öfter mal mit Kanonen auf Spatzen schießen sonst kommt man unter die Räder. In dem Fall ists nun leider zu spät und es wurde viel Lehrgeld bezahlt.

Gruß

Roman
 

Christian_B

Mitglied
08.10.2010
162
Teltow
Hallo Michael,

wirklich eine blöde und unglückliche Geschichte, tut mir leid für Dich.

Da ich mittlerweile mit Li-Umrüstungen etwas Erfahrung (und bisher immer Erfolg) hatte, wäre ich am Fahrzeug interessiert. Möchtest Du mir die Preisvorstellung nennen ? (gerne auch per PN)

VG, Christian
 

JPKessler

Mitglied
03.04.2006
142
Eine Zebrabatterie kriegt man auch mit dem Ein- bezw. Ausbau aus dem Fahrzeug kaputt, wenn der Stapler Hebemech. stottert, diese Schläge reichen schon um das Zebra zu schrotten! Das ist mir schon 2x passiert!
 

elpippo

Neues Mitglied
21.04.2019
3
Hallo Michael, das ist ja mal wieder das Elektromobile Deutschland! Das sind zwar keine tröstenden Worte aber es
hilft dir auch nicht weiter. Ich würde vorausgesetzt der Preis passt, das Fahrzeug kaufen und umrüsten auf LifePo's
L. G. Horst
 

Junkerjakob

Mitglied
07.09.2017
51
Hallo Michael,

die Firma aus Lustenau hat schon öfter für derartige Schlagzeilen gesorgt, und Batterien aus Kundenautos entwendet und an andere verkauft, oder andere Teile veruntreut, da kann man nur davor warnen. Leider zu spät. Aber immerhin ist ihr Treiben nun beendet. Mir sind 2 ThinkCity-Opfer bekannt, die viel Geld verloren haben.
 

dadoc

Neues Mitglied
16.02.2016
16
Hi zusammen!

Vielen Dank für eure Antworten! Zum Gutachter: Wir hatten keine Chance, denn die Richterin legt den Gutachter fest und dagegen kann man nur im Rahmen einer Revision vorgehen. Davor stand aber die Hürde des forensischen Gutachtens mit den genannten Folgen. Wir hatten einen eigenen Gutachter, einen Brief von e-car-service UND eine Stellungnahme von FZSonnik, die alle drei ausführten bzw. belegten, dass es schon nach relativ geringen Querbeschleunigungen zu Batteriedefekten kommen kann. FZSonnik hat u.a. genau deswegen die Batterien für den Individualverkehr vom Markt genommen und verbaut sie nur noch in Bussen und als Voltovoltaikspeicher - und hat uns das genau so geschrieben. Der Richterin war das alles egal, das war eine einzige Posse, die wir da in München erlebt haben. Die Richterin hat alles getan, um selbst nicht entscheiden zu müssen und einen nromalen Prozessverlauf zu verhindern...

Bzgl. Umrüsten auf Li oder LiFePo denke ich auch, dass das der einzige Weg ist, den Wagen weiter zu betreiben - nur ich hab dafür keine Zeit und nach dem ganzen Schlamassel fehlt mir auch das Geld dazu, d.h. ja, ich würd den Wagen gerne weiter geben! Ich hab in einem anderen Thread schon mal gefragt, was man dafür verlangen kann und die erhofften 5000,- sind wohl zuviel. Wenn man den Wagen ausschlachtet, bringen alleine die Blechteile (alle intakt, bis auf ne mini Delle links hinten) schon mal um die 2500,- EUR. Dann sind ja funktionierende Teile drin: Servopumpe, Bremskraftverstärker-Pumpe, Wasserheizung, Verkabelung, Motor, 12V Converter, Signal-Verteiler-Einheit (für die CAN-Kommunikation), "Gas"-Pedal - sollte eigentlich Antriebs-Poti heissen ;-) - und was weiß ich noch. Bei ner Umrüstung müsste man meines Wissens tauschen: Batterie, Inverter und Ladegerät. Ich hab mal ne Komponentenbeschreibung eines bauglichen Twingo angehängt. Im Fiat ist ne Zebra Z57 drin und keine Z55. Die Battriebox misst 60cm in Fahrzeuglänge, 68 cm in Fahrzeugbreite und 30 cm Höhe. Aktuell trägt sie 168 kg. Da passt also schon ordentlich was rein ;-)

Die von euch, die Interesse haben, sollen mir gerne ne PN schreiben. Ich bin gerne offen für Vorschläge. Ich hab jetzt keine bestimte Zahl im Kopf, aber es gibt bestimmt einen Wert, bei dem sich beide ok fühlen!

Viele Grüße!
Michael
 

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R.M

Bekanntes Mitglied
24.12.2006
10.248
Hallo

Kann schon sein aber einen Richter kann man auch ablehnen wenn berechtigte Zweifel bestehen. Ist zwar heftig und hat Auswirkungen auf den weiteren Karriereweg des Richters deshalb reicht meistens der Wink mit dem Zaunpfahl. Einen vernünftigen Rechtsanwalt sollt man aber schon haben.

Ich habe z.B gerade 10 Jahre Streiterei mit den Finanzamt hinter mir war aber erfolgreich und der Spass kostet dem Staat jetzt einen 6 stelligen Betrag.

Gruß

Roman
 

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