Lieber Rainer,
dass du deinen Beitrag aus dem anderen Thread einfach hier reinkopierst, macht ihn auch nicht richtiger und schlüssiger. Dass du auch meine ausführliche und sachkundige Antwort darauf (sorry, wenn das arrogant klingt, aber ich arbeite seit fast acht Jahren im Bereich Unfall-Forschung und meine mich ohne Übertreibung als Fachmann bezeichnen zu dürfen) einfach völlig ignorierst, zeugt nicht von seriöser Auseinandersetzung mit dem Thema. Klar, wir können hier gerne ADAC-Bashing betreiben (auf Deutsch: auf den ADAC einprügeln), aber wenn das mit unseriösen "Argumenten" geschieht - unter anderem dem Vorwurf des Betrugs, von wegen dass das Leichtfahrzeug fixiert gewesen wäre - muss ich einfach der Ordnung halber widersprechen.
Zitate:
"habe so den Eindruck das die beiden Fahrzeuge auf Schienen bi 45 Kmh aufeinander zugepresst werden."
"Die Crashbilder sehen fast aus, als ob das E-Leichtmobil fixiert war."
Habt ihr überhaupt nur die blasseste Idee, wie ein Standard-Crashtest durchgeführt wird? Da ist nichts "fixiert" und läuft nichts auf Schienen. Die Fahrzeuge werden mit Hilfe von Stahlseilen auf die beabsichtigte Endgeschwindigkeit angeschleppt. Kurz vor dem Aufprall werden die Schleppseile ausgeklinkt, so dass die Fahrzeuge frei sind und sich exakt so bewegen wie bei einem realen Unfall. Die "Schiene", die der geneigte Laie auf den Bildern sieht, ist die im Boden versenkte Führung des Stahlseiles, und steht in keiner Verbindung zum Fahrzeug. Sorry wenn ich jetzt wieder arrogant klinge, aber wenn man mit "Argumenten" kommt wie "auf den Bildern sieht das ja fast so aus als ob..." offenbahrt man eine mindestens so einseitige Sicht wie die, die man dem ADAC unterstellt: Ergebnisse und Tatsachen, die einem nicht in den Kram passen, werden ignoriert oder als betrügerisch oder unseriös abgestempelt. So geht das nicht. Akzeptiert das doch einfach mal so wie es ist: dieses Leichtmobil hat in einem Crashtest, der in jeder Hinsicht den technischen und gesetzgeberischen Standards entspricht, ein grottenschlechtes und für die Insassen verheerendes Ergebnis erziehlt. Daran ist nicht der ADAC und auch nicht die Auto-Lobby schuld, sondern der Hersteller des Fahrzeugs.
So, und weil Zinneke seinen Beitrag herkopiert hat, muss ich auch meine Antwort darauf hier wiederholen. Siehe unten.
Gruss aus Aachen
Herbert
- Der Frontal-Aufprall ist sehr wohl relevant, ganz einfach weil sich Fahrzeuge vorwärts, gegenläufig und aufeinander zu bewegen. Der Aufprall mit 50% "Bedeckung", der hier gezeigt wird, ist sehr realistisch, viel mehr als der früher benutzte 100%ige oder gar der Aufprall frontal gegen eine Wand. Frontal-Aufprall-Szenarien sind typische Schleuder- und Ausweich-Situationen: ein Fahrer verliert die Kontrolle über sein Fahrzeug, gerät auf eine Ölspur oder nasses Laub, weicht anderen Autos (die ihm von rechts die Vorfahrt nehmen), Fussgängern, spielenden Kindern und Wild aus. Da gerade in den Ausweich-Szenarien das Objekt, dem ausgewichen wird, meistens von rechts kommt, geht die typische Ausweich-Bewegung nach links, direkt in den Gegenverkehr. Fazit: Frontal-Aufprall mit teilweiser Bedeckung. Auch beim "beliebten" Überholen von Bussen, Lieferwagen oder Zweite-Reihe-Parkern fährt man in die Frontal-Aufprall-Risiko-Zone.
- Der Seiten-Aufprall ist - sehr richtig - ein weiteres häufiges Unfall-Szenario. Guckt euch aber mal die Bilder und besser noch das Video an. Das "Mikro-Auto" hat überhaupt keinen Seiten-Aufprall-Schutz, die Türen und Holme zerbröseln regelrecht. Die Unfall-Folgen wären in diesem Fall also noch viel verhehrender. Der hier gezeigte Frontal-Aufprall ist also nicht nur der häufigste, sondern sogar der "günstigere" Fall.
- Beim Heck-Aufprall spielt die Geschwindigkeit kaum eine Rolle, es sei denn man wird nur angeschubst, aber selbst das kann unter ungünstigen Umständen zu Schäden der Halswirbelsäule führen (bekannt als "Whiplash", Peitschenschlag). Wichtig beim Schutz gegen Verletzungen bei Heck-Aufprall sind umfangreiche und wohldurchdachte konstruktive Massnahmen an Sitz und Kopfstütze. So wie dieses "Ding" gebaut ist, wird man auch hier Null erwarten können. Also ist der getestete Frontal- Zusammenstoss wieder der "best case", alles andere wäre noch viel schlimmer.
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Achja, fast vergessen. Dass jedes Plus an Sicherheit im Fahrzeug - Sicherheitsgurt, Airbag, ABS, starke Fahrgastzelle - durch riskantere Fahrweise ausgeglichen wird, ist ein schon lange beobachtetes Phänomen. Anscheinend tendiert die menschliche Psyche dazu, das akzeptable Risiko mehr oder weniger konstant zu halten und an die Grenze zu gehen. Insofern wären die Rasierklingen auf dem Lenkrad vielleicht tatsächlich eine unpopuläre und brutale, aber mit Hinsicht auf die Gesamt-Sicherheit günstigere Lösung ;-)